Industrie + Technik

Die chemische Industrie ist der drittgrößte Industriezweig Deutschlands und zeichnet für einen hohen Anteil an emittierten Treibhausgasen verantwortlich. Damit Unternehmen diese reduzieren können, braucht es Techniken wie Anlagen in digitaler Form.In den letzten Jahrzehnten haben Unternehmen mit digitalen Techniken ihre Anlagen optimiert, ihre Produktion gesteigert und Kosten gesenkt. Inzwischen steht ein weiteres Anliegen auf ihrer Agenda: Sie müssen sich nachhaltiger aufstellen. Wie dringend dies ist, zeigt der Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) vom März 2023. Denn eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau der Jahre 1850 bis 1900 ist inzwischen sehr schwierig geworden.Der deutsche Chemiesektor stieß im Jahr 2021 über 120 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente an Treibhausgasen (THG) aus. Damit der drittgrößte Industriezweig Deutschlands bis zum Jahr 2050 treibhausgasneutral werden kann, beschreibt der Verband der Chemischen Industrie die digitale und technologische Transformation als mitentscheidend.Praxiserprobte <link href="#nadc20234135777-fig-0001">Industriesoftware liefert einen besseren Überblick über die Emissionen der Unternehmen. Damit ließe sich zudem der Energieverbrauch senken.<figure xml:id="nadc20234135777-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/zQJsbcxS7O4wTnAbMCTg"><figcaption><label>Abb.1: </label>So kann eine interaktive Wand für einen digitalen Zwilling aussehen. Bild: Aveva</figcaption></figure></figure>Das Ende der 1990er Jahre privat entwickelte Treibhausgasprotokoll (Greenhouse Gas (GHG) Protocol) kategorisiert THG-Emissionen in Scope 1, Scope 2 und Scope 3. Scope-1-Emissionen stammen aus Quellen, die direkt von einem Unternehmen verantwortet oder kontrolliert werden. Scope 2 enthält indirekte THG-Emissionen aus eingekaufter Energie wie Strom oder Fernwärme. Scope 3 umfasst alle indirekten Emissionen, die bei Partnern entlang der Wertschöpfungskette entstehen.<h2 type="main">Echtzeit-Bewusstsein</h2>Obwohl ein Emissions-Reporting komplex erscheint, können Unternehmen mit digitalen Techniken ihre Emissionen leicht erfassen und verwalten. Dafür müssen sie die Rohdaten ihrer chemischen Produktionsstätten nutzen und in kontextualisierte Informationen umwandeln. Das ermöglicht der digitale Zwilling, ein virtuelles Abbild der realen Anlage. Der digitale Zwilling führt Echtzeitdatenquellen, Modelle und Analysen aus dem gesamten Anlagenlebenszyklus in einer Cloud zusammen.Das US-amerikanische Unternehmen Eastman Chemical mit Hauptsitz in Kingsport, Tennessee, nutzt den digitalen Zwilling mit der Software Asset Information Management des Industriesoftwareanbieters Aveva. Diese spart Teams im Schnitt bis zu 60 Prozent Zeit, wenn sie Informationen suchen und validieren. Fehler bei der Anlagenplanung reduzieren sich um durchschnittlich etwa zehn Prozent.Der Materialhersteller blickt auf eine 100-jährige Geschichte und eine entsprechend umfangreiche Sammlung an Informationen und Daten zurück. Statt weiterhin mit zahlreichen alten technischen Dokumenten zu arbeiten, entwickelte das Unternehmen die Plattform Seiga (seamless Epcom integrated global access). Dies ist ein cloudbasiertes System, das Daten des gesamten Unternehmens virtuell in einem digitalen Zwilling zentral zusammenführt.Über Seiga können alle Teams von Eastman Chemical unabhängig von Ort und Zeit auf korrekte, zuverlässige und sichere Daten aus der gesamten Organisation zugreifen. Das vereinfacht sowohl die Zusammenarbeit der Abteilungen als auch die Übertragung von Daten zwischen Ingenieur:innen und den Anlagenbetreibern. Alle können ihre Projekte anhand des digitalen Zwillings und seiner Echtzeitdaten effizienter und mit weniger Reibungsverlusten umsetzen.Darüber hinaus nutzt Eastman Chemical die kontextualisierten Informationen, um nachhaltige Techniken zu entwickeln und die Kreislaufwirtschaft zu fördern.<h2 type="main">Kontextualisierte Daten – mehr Zuverlässigkeit</h2>Mit künstlicher Intelligenz (KI) ermöglicht ein digitaler Zwilling präzise Vorhersagen und bietet Führungskräften eine Entscheidungsgrundlage. So zeigen Modellierungen, in welchen Bereichen ihrer Anlagen oder Infrastruktur sie Emissionen einsparen können. Davon lassen sich Maßnahmen ableiten – etwa der Wechsel auf einen rentableren Strommix aus erneuerbaren Energien oder dessen optimierte Nutzung entsprechend der Anlagebedingungen.Der digitale Zwilling sorgt auch dafür, dass Produktionsanlagen zuverlässiger und länger laufen. Fällt eine Anlage aus, verbrauchen sowohl das Herunterfahren als auch der Neustart beträchtliche Energiemengen. KI nutzt die Daten des digitalen Zwillings und erstellt mit prädiktiver Analytik Frühwarnungen, damit die Teams vor Ort die Anlagen rechtzeitig prüfen und warten können.Das thailändische Petrochemie-Unternehmen SCG Chemicals hat mit KI und prädiktiver Analytik die Zuverlässigkeit seiner Anlagen von 98 Prozent auf nahe 100 Prozent erhöht. Zudem stieg die Kapitalrendite (return on invest) um das Neunfache, und das Unternehmen sparte Energie.In einem weiteren Schritt können Betriebe die Schätzung der verbleibenden Nutzungsdauer (remaining use of life estimation, rule) ihrer Anlagen sowie derer Komponenten berechnen. Dies erhöht die Vorhersagegenauigkeit der KI und ermöglicht einen rechtzeitigen Wechsel von Komponenten zu energieeffizienten, modernen Alternativen.<h2 type="main">Verantwortungsbereiche geschickt organisieren</h2>Die Emissionen außerhalb ihres direkten Verantwortungsbereichs (Scope 3) zu reduzieren, ist für Unternehmen schwierig. Bereits innerhalb eines Betriebs ist es kompliziert, alle erforderlichen Datenquellen zu identifizieren, zusammenzuführen und mit relevanten Informationen anzureichern. In einem verbundenen Datenökosystem können interne und externe Parteien ihre Information jedoch sicher miteinander teilen, Potenziale zur Treibhausgasreduktion aufdecken und Innovationen fördern.Expert:innen können hierbei eine cloud-native Software-as-a-Service (SaaS) aufbauen und die zusammengeführten Datenströme mit Metadaten anreichern. Diese Form vernetzter Zusammenarbeit interner und externer Parteien schafft Unternehmen einen Blick auf ihre Scope-3-Treibhausgasemissionen. Daraus lassen sich Maßnahmen ableiten und beispielsweise Scope-3-Emissionen von externen Partnern über Zertifikate ausgleichen.Gleichzeitig muss die chemische Industrie in weitere Projekte wie die Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO2, grünen Wasserstoff sowie eine funktionierende Kreislaufwirtschaft investieren. Dabei zahlen sich etablierte Formen einer flexiblen datenbasierten Zusammenarbeit für alle Beteiligten aus.<h2 type="main">Treibhausgasneutralität</h2>Das Verständnis in Wirtschaft und Gesellschaft dafür, dass Verantwortliche bessere Entscheidungen auf Grundlage von Daten treffen, wächst. Mit Techniken wie dem digitalen Zwilling kann die chemische Industrie das Potenzial ihrer Daten ausschöpfen, diese bündeln und in die eigene Nachhaltigkeitsstrategie integrieren.Wenn Chemieunternehmen ihre Strukturen und Wertschöpfungsketten abbilden, können sie mit geringem Zeit- und Kostenaufwand Änderungen anstoßen.Stephen Reynolds ist „Industry Principal – Chemicals“ bei Aveva. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Chemieindustrie und war als Ingenieur sowie Betriebsleiter tätig.

Industrie

Mit dem digitalen Zwilling Emissionen senken

Die chemische Industrie ist der drittgrößte Industriezweig Deutschlands und zeichnet für einen hohen Anteil an emittierten Treibhausgasen verantwortlich. Damit Unternehmen diese reduzieren können, braucht es Techniken wie Anlagen in digitaler Form.In den letzten Jahrzehnten haben Unternehmen mit...

Viele Staaten setzen auf klassische Kernenergie, um sich unabhängig zu machen und weniger CO2 zu emittieren. Neue Ansätze wie Mini-Kraftwerke, Kraftwerke mit integrierter Transmutation und die Kernfusion könnten den Energieträger auch für Skeptiker attraktiver machen.Partielle Kernschmelze im Jahr 1979 in Harrisburg, 1986 die Tschernobyl-Nuklearkatastrophe und 2011 die in Fukushima. Dennoch gibt es zur Kernenergie auch diese Ansicht: „Statistisch gesehen hat Atomenergie mit die geringsten Todeszahlen verglichen mit Energieträgern wie Gas oder Kohle.“1) Die Diskussion, wie groß das Risiko der Kernenergie ist und ob es sich einzugehen lohnt, könnte abebben, sollten die Forschungen zu Minikernkraftwerken (etwa von Rolls Royce in London), zur Transmutation (Transmutex im schweizerischen Genf) und zur <link href="#nadc20234134835-fig-0001">Kernfusion (Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien) in eine zeitgemäße Form der Kernenergie münden, also klimaschonend und sicher.<figure xml:id="nadc20234134835-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/rsX9v0EZTJ65fiHNvMXg"><figcaption><label>Abb.1: </label>Forscher haben es in der Hand: Neue Ansätze könnten Kernenergie wieder interessant machen. Bild: xyz+ / Adobe Stock</figcaption></figure></figure><h2 type="main">Kernenergie weltweit</h2>Die zehn größten Kernkraftwerke der Welt bringen es mit zusammen 60 Reaktorblöcken auf eine Leistung von mehr als 60 000 Megawatt. Das größte steht im kanadischen Bruce und kommt auf 6738 Megawatt; das größte europäische Kernkraftwerk im ukrainischen Saporischschja schafft im Normalbetrieb 6000 Megawatt. Kernkraftwerke wie diese umfassen typischerweise sechs Einzelblöcke; nur das in Bruce kommt auf acht, und das kleinste der Top 10 im französischen Paluel auf vier. Die drei leistungsfähigsten Einzelblöcke liefern zwischen 1600 und 1800 Megawatt (Taishan-1 und Taishan-2 in China sowie Olkiluoto-3 in Finnland). Bei diesen handelt es sich um Druckwasserreaktoren; die längsten Laufzeiten haben zwei Siedewasserreaktoren (Peach Bottom-2 und -3 in den USA).<h2 type="main">Mini-Druckwasserreaktoren</h2>Das Unternehmen Rolls Royce hat beim britischen Office for Nuclear Regulation (ONR) den Betrieb kleiner Kernkraftwerke beantragt. Diese modularen Reaktoren (small modular reactors, SMR) kommen mit 470 Megawatt auf ein Drittel der Leistung der oben genannten Einzelblöcke; sie liefern damit dreimal so viel Leistung wie Reaktoren auf Atom-U-Booten – auf deren Technik basieren die SMRs.Man denkt sogar schon daran, eine künftige Mondraumstation mit SMRs zu versorgen. Für seine terrestrischen Pläne kalkuliert Rolls Royce folgendermaßen: Im Jahr 2024 sollen SMRs zugelassen sein, 2029 der erste SMR auf einer Fläche von zwei Fußballfeldern stehen und eine Million Haushalte mit Strom versorgen.2)Die Technik basiert auf Druckwasserreaktoren: Das Wasser (Primärkühlmittel) wird unter hohem Druck zum Reaktorkern gepumpt, nimmt dort die Wärmeenergie aus der Spaltreaktion auf, fließt weiter, übergibt die Wärmeenergie an Wasser mit geringerem Druck (Sekundärkreislauf), und dieses treibt einen Stromgenerator an.<h2 type="main">Mini-Siedewasserreaktoren</h2>Der tschechische Versorger CEZ entwickelt über sein Tochterunternehmen ÚJV eine SMR-Technik gemeinsam mit dem US-amerikanisch-japanischen Unternehmen GE Hitachi Nuclear Energy (GEH) in Wilmington, North Carolina. Sie soll ab der ersten Hälfte der 2030er-Jahre im Nuklearpark Südböhmen laufen. Die GEH-Technik umfasst einen Siedewasserreaktor der dritten Generation (advanced boiling water reactor, ABWR). Bei ihm siedet das Wasser bereits im Primärkreislauf.Der mit dem ABWR verwandte ESBWR (economic simplified boiling water reactor) verfolgt zudem ein passives Sicherheitskonzept, das bei einer Störung keinen Eingriff erfordert: Unter anderem verzichtet man auf Pumpen.Das Prism (power reactor innovative small module) schließlich ist ein natriumgekühlter Schneller Brüter. Ihm liegt die Idee einer nuklearen Kreislaufwirtschaft zugrunde: Statt des seltenen Uran-235 verwendet er das besser verfügbare Uran-238 und Thorium-232. Noch dazu erbrütet das Kraftwerk Actinoide (vor allem Pu), die als Spaltmaterial dienen. Damit produziert dieser Reaktor mehr spaltbares Material, als er verbraucht.<h2 type="main">Thoriumreaktoren</h2>Auf Thorium setzt der Reaktor TMX-Start (subcritical transmutation accelerated reactor using thorium) des Start-ups Transmutex in Genf. Das Konzept ist entworfen, und der Reaktor soll aus Thorium-232 das Spaltmaterial Uran-233 erbrüten.3) Er hat eine eingebaute Sicherung: Da er nur dann läuft, wenn Neutronen aus einem Teilchenbeschleuniger zugeführt werden, schaltet er sich ab, wenn dieser Neutronenstrom versiegt, etwa wenn der Strom bei einer Naturkatastrophe ausfällt. Ein solcher unterkritischer Betrieb soll eine Kernschmelze ausschließen.Der TMX-Start kann zudem radioaktive Abfälle aus anderen Kernkraftwerken aufnehmen und unter Neutronenbeschuss in Abfälle mit kürzerer Halbwertszeit umwandeln (Transmutation). Bis zum ersten Demonstrationsreaktor dieses Typs dürfte es allerdings noch zehn Jahre dauern.<h2 type="main">Kernfusion statt Kernspaltung</h2>Erstmals wurde aus einer Kernfusion mehr Energie herausgezogen, als man zuvor hineinstecken musste.10) Dazu hatten US-Forschende am kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory mit einem UV-Laserpuls aus 192 Lasern auf einen erbsengroßen Zylinder aus Gold geschossen und ein darin befindliches, mit Deuterium und Tritium gefülltes, gefrorenes Pellet zur Implosion gebracht. Die Wasserstoffkerne fusionierten zu Helium, was eine Kaskade von weiteren Fusionsreaktionen anstieß. Der Laserenergie-Input betrug 2,05 Megajoule, die freigesetzte Fusionsenergie 3,15 Megajoule.Obwohl die Kernfusion theoretisch eine unerschöpfliche Stromquelle ist und seit den frühen 1950er Jahren erforscht wird, bleibt die technische Realisierung eines Fusionsreaktors ein Wunschtraum. Die Forschenden am Lawrence Livermore National Laboratory haben jetzt Details verbessert:<list><listitem>das Design des zylindrischen Hohlraums, das die Pellets mit dem Fusionsmaterial aufnimmt,</listitem><listitem>die Fusionsmaterialstruktur,</listitem><listitem>die Auslegung des Lasers,</listitem><listitem>das physikalische Verständnis von Kernfusionen.</listitem></list>Die Energiebilanz sieht weniger gut aus, betrachtet man auch die Energie, die nötig ist, um den Laser zu betreiben, und die Energie, die als Wärmeenergie verloren ginge, würde man versuchen, Strom zu generieren.Immerhin: Eine unkontrollierbare Kettenreaktion läuft bei der Kernfusion nicht ab. Für einen Wimpernschlag scheint es zwar so zu sein, doch nach weniger als 100 Pikosekunden führen hohe Temperaturen und enormer Druck dazu, dass sich der verbliebene Brennstoff ausdehnt. Als Konsequenz unterschreiten die durch das Lawson-Kriterium vorgegebenen Parameter ihren Schwellenwert, und die Fusion läuft nicht selbsttätig weiter. In einem Fusionsreaktor müsste sie 10- bis 20-mal pro Sekunde gezündet werden.<h2 type="main">Pensionsfond oder Risiko</h2>So mancher der neu genannten Ansätze ist nicht so neu. Der Schnelle Brüter ist schon einmal im deutschen Kalkar gescheitert, der Thoriumreaktor als Thorium-Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop. Ein Vorteil ist den Mini-Reaktoren jedoch gemeinsam: Sie lassen sich in Serie produzieren – kein teures Großprojekt, sondern Kernkraftwerke vom Band. Sie lassen sich transportieren und dort aufstellen, wo man sie braucht. Und weil sie auf bekannten Verfahren basieren, sind nur die nötigen Komponenten richtig zu skalieren und zusammenzubauen.Nachteilig könnte ein gegenüber konventionellen großen Kernkraftwerken überproportional hoher Aufwand sein, den Reaktor gegen die Außenwelt abzuschirmen sowie das Anfallen von überproportional viel radioaktivem Abfall.5) Eine Herausforderung sind zudem die Schutzmaßnahmen für viele SMRs gegen Naturkatastrophen und terroristische Anschläge sowie eine Sicherheitsarchitektur gegen Cyberangriffe.Attraktiv erscheinen SMRs für Investoren, denn es handelt sich um überschaubare Geldanlagen mit einer Anfangsinvestition und regelmäßigen Einnahmen über Jahrzehnte. Das ist die typische Struktur von Energie- und Infrastrukturprojekten, die sich sowohl für Pensionsfonds, für kommunale Investoren als auch als Finanzprodukte für Privatanleger eignen.In dieser Hinsicht tut sich die Kernfusion schwerer, schon von der Herangehensweise: Die bei den Experimenten am Lawrence Livermore National Laboratory eingesetzte Anlage National Ignition Facility (NIF) war ursprünglich dazu gedacht, thermonukleare Explosionen zu studieren. Entsprechend treten in dem Pellet kurzfristig Temperaturen auf, die man ansonsten nur von Sternen oder Wasserstoffbomben kennt. Die zivile Nutzung war, historisch gesehen, nicht das Hauptziel der Forschung. Es ist noch nicht einmal sicher, ob eine laserpulsgetriebene Fusionsreaktion wie die in Livermore die beste Variante ist. Und zehn Jahre dürfte es ohnehin bis zu einem Demo-Fusionsreaktor auf Basis der Experimente dauern.Als zweiter Ansatz ist der internationale thermonukleare Fusionsreaktor ITER im Rennen, ein Gemeinschaftsprojekt von China, der EU, dem Vereinigten Königreich, Indien, Japan, Südkorea, Russland und den Vereinigten Staaten. Dabei soll ein Deuterium-Tritium-Plasma in einer torusförmigen Vakuumkammer aufrechterhalten und bis zur Kernfusion aufgeheizt werden. Anschließend soll dieser Fusionsreaktor die benötigte Wärmeenergie weitestgehend selbst liefern. Die Realisierung dieses Konzepts war für das Jahr 2035 geplant. In einer Anhörung vor dem EU-Parlament räumte ITER 2022 ein, dass der Zeitplan zur Fertigstellung des Projekts nicht zu halten sei.Ob ein Kernfusionsreaktor überhaupt einmal ans Netz gehen wird und wann, ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Die finanzielle Beteiligung daran ist eher eine Risikoinvestition – klassische Gemeinschaftsaufgabe staatlicher Forschungsförderung mit Forschungsinstituten, Großunternehmen und Mittelständlern. Denn rund um den Kernfusionsreaktor gilt es noch viel zu entwickeln: günstige Laser zum Beispiel, optische Komponenten und hochreine Kristalle. Die Geldanlage in Unternehmen, die in diesen Spezialbereichen tätig sind, könnte für Pensionsfonds und Privatanleger interessant werden. Sie ist aber wegen der Kleinteiligkeit nur mit fundiertem Know-how bis in technische Details sinnvoll möglich.<ul class="references" xml:id="nadc20234134835-bibl-0001" cited="no" style="numbered"><li xml:id="nadc20234134835-bib-0001">1 <a href="https://tech-for-future.de/sicherste-energiequelle" target="_blank">tech-for-future.de/sicherste-energiequelle</a> (Stand 12.4.2023)</li><li xml:id="nadc20234134835-bib-0002">2 <a href="https://futurezone.at/digital-life/rolls-royce-mini-atomkraftwerke-small-modular-reactor-smr-zulassung-2024-erwartet/" target="_blank">futurezone.at/digital-life/rolls-royce-mini-atomkraftwerke-small-modular-reactor-smr-zulassung-2024-erwartet/</a> 401979335, (Stand 12.4.2023)</li><li xml:id="nadc20234134835-bib-0003">3 <a href="https://nuklearforum.ch/de/news/schweizer-startup-transmutex-entwickelt-neuen-" target="_blank">nuklearforum.ch/de/news/schweizer-startup-transmutex-entwickelt-neuen-</a> reaktortyp-auf-thorium-basis, (Stand 25.3.2023)</li><li xml:id="nadc20234134835-bib-0004">4 <a href="https://nature.com/articles/d41586-022-" target="_blank">nature.com/articles/d41586-022-</a> 04440-7</li><li xml:id="nadc20234134835-bib-0005">5 MIT Technology Review, wie zitiert in: <a href="https://t1p.de/wxknu" target="_blank">t1p.de/wxknu</a> (Stand 25.3.2023)</li></ul>

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